Verkehrswende von unten

Neben Industrie und Landwirtschaft gehören Mobilität und Verkehr zu den wichtigsten Treibern des Klimawandels. Im Gegensatz zu anderen Sektoren ist es im Verkehrssektor bisher nicht gelungen, den CO2-Ausstoß zu reduzieren, im Gegenteil, seit 1990 haben die Emissionen um 28 Prozent zugenommen.

Brigitte Kratzwald, Redaktion Graz

Angesichts der Tatsache, dass global gesehen bereits mehr als die Hälfte der Menschen in Städten wohnt und der Trend nach wie vor steigend ist, wird das Thema »nachhaltige Städte« immer wichtiger. In den letzten Jahren ist eine Vielzahl an Publikationen dazu erschienen, selbst die EU hat einen »Sustainable Urban Mobility Plan« auf den Weg gebracht und bietet den Mitgliedsstaaten und Kommunen Leitlinien und Unterstützungsmaterial an. Wie in allen Bereichen des Klimawandels folgen jedoch den vielen Studien und Absichtserklärungen nur wenige Taten.

Deshalb haben sich in der Klimabewegung auch Initiativen gefunden, die sich diesem Thema widmen. Die gute Nachricht: Städte leisten nicht nur einen großen Beitrag zur Klimaerwärmung, sie können auch wichtige Akteure der Verkehrswende werden, denn sie haben den großen Vorteil, dass auf kurzen Wegen in kurzer Zeit die täglichen Erfordernisse erledigt werden können.

Während ein Teil der Nachhaltigkeitskonzepte neue Technologien zur Effizienzsteigerung propagiert – Stichwort »Smart Cities« (siehe auch den Beitrag zu Smart Cities in CONTRASTE Nr. 436) – setzen Initiativen von unten auf den Ansatz, Stadt grundlegend neu zu denken und klima­freundliche Mobilität bereits in der Planungsphase zu integrieren. Denn, »… der gebaute Raum der Stadt gibt in entscheidendem Maße vor, welche Formen von Verkehr ermöglicht oder aber auch ausgeschlossen werden«, heißt es in einer Studie der Stiftung Mercator. Es geht also um eine andere Platzverteilung zwischen den verschiedenen Verkehrssektoren und auch neue finanzielle Prioritätensetzungen. Der sogenannte »Umweltverbund« (Fuß-, Rad- und öffentlicher Verkehr) muss Vorrang bekommen, der Autoverkehr zurückgedrängt werden, was auch die Lebensqualität in den Städten allgemein verbessern würde und positive Auswirkungen auf Gesundheit und Wohlbefinden hätte. Initiativen, die sich mit diesen Themen beschäftigen stellen wir in diesem Schwerpunkt vor.

Schon seit den 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts fordert die aus den USA kommende »Critical Mass« Bewegung die Straße für den Fahrradverkehr zurück, weniger auf politische, sondern eher auf lustvolle und aktionistische Art und Weise. Einen Beitrag darüber gibt es auf Seite 9. Das Netzwerk »Changing Cities«, mit den »Radentscheiden« setzt sich bereits in vielen Städten Deutschlands für »lebenswerte Städte, sicheres Radfahren und gute Mobilität« ein. Ähnliche Ziele verfolgt das Netzwerk MoVe iT in Graz. Die beiden Initiativen werden auf den Seiten 10 und 11 vorgestellt.

Auf Seite 12 berichten wir über Projekte, die dieses Ziel konkret in die Tat umsetzen. Das Lastenradkollektiv Wien feierte letztes Jahr sein zehnjähriges Jubiläum. Konrad Berghuber erzählt, wie sich die Situation in diesem Zeitraum verändert hat. Wenn auch das Fahrrad eine wichtige Rolle für diese Initiativen von unten spielt, so ist doch allen klar, dass zu nachhaltiger Mobilität mehr gehört. Das spricht der letzte Beitrag an, der die Themen gemeinschaftliches Wohnen und Mobilität zusammenführt und die Stadtgrenzen überschreitet. Eine Studie des Vereins »Gemeinsam Bauen und Wohnen« zeigt, dass Menschen in Wohnprojekten durch die Praxis der »shared mobility« auch einen wichtigen Beitrag zu klimafreundlicher Mobilität leisten und das vor allem im ländlichen Raum.

Titelbild: Platzfairteilen: Der Platz in der Stadt muss anders verteilt werden – fordert unter anderem die Initiative MoVe iT in Graz. Foto: MoVe iT


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