Hauskauf ist geschafft!

Irgendwo in Mittelhessen steht ein ehemaliges Gasthaus, das in Folge des Protests gegen die A49 zum Projektort »Gäst_innenhaus Jakob« wurde. Strukturen für Vernetzung, Gemeinschaft und Bildung, sie bekommen immer klarere Konturen und nun ein dauerhaftes Fundament.

Tom Zeder, Gäst_innenhaus Jakob

Zwei Jahre, nachdem der Plan gefasst wurde, das Haus zu kaufen, wurde er jetzt verwirklicht. Dank vielen Unterstützer*innen und Spender*innen kann der Gäst_innenhaus Jakob e.V. mit seinen rund 40 Mitgliedern das Haus kaufen.

Zur Finanzierung haben die involvierten Menschen des Vereins einen Bankkredit zur Hilfe genommen. Die Rückzahlungen entsprechen ungefähr der bisherigen Miete. Langfristige, finanzielle Planbarkeit ist daher machbar. Die Idee eines Kredits wurde anfangs bei einem Hauskauf-Plenum im Sommer 2021 erst einmal aufgeschoben. Gut ein Jahr haben Menschen Spenden und Mikrokredite gesammelt, bis das hereinkommende Geld abebbte. Der Hauskauf sollte aber 2022 geschafft werden.

Eineinhalb Jahre Spendenkampagne

Eine Handvoll Aktive hat dann im Sommer 2022 einen Endspurt der breit angelegten Spendenkampagne über alle möglichen verbundenen Kanäle gestartet. Innerhalb weniger Monate, mit der Aussicht vor Augen, dass es beim Hauskauf jetzt wirklich drauf ankommt, kamen nochmal viele private Darlehen und direkte Spenden zusammen – fast genauso viele wie im gesamten Jahr zuvor. Der Dank geht an alle Unterstützenden!

Beim Hauskauf geht es dem Projekt auch um Akzeptanz und Zugänglichkeit für Menschen im Dorf Dannenrod und in den Kommunen der Umgebung. Um einen Treffpunkt zu schaffen, um Hürden abzubauen und gemeinsam den gesellschaftlichen Wandel angehen zu können. Das Gäst_innenhaus als Schnittstelle zwischen Orten des Widerstands und Institutionen. Hier können Menschen einander kennenlernen im lebendigen Gästiraum und sich direkt politisch vernetzen. Und im ländlichen Raum ist das Kennenlernen aufgrund der überschaubaren Akteur*innen auch schneller möglich.

Ein Symbol der Dauer

Das Haus soll ein Symbol der Dauer sein, aber nicht als Eigentum eines Immobilienkonzerns oder einer Kernfamilie. Die Idee ist eine Alternative zum Paradigma von kurzfristigem Profit. Menschen können achtsam und solidarisch mit den vorhandenen Strukturen und Ressourcen umgehen. Das Haus und die Flächen des Vereins stechen schon jetzt heraus. Und Menschen freuen sich sehr darauf, das Haus endlich (abgesprochen) im großen Stil bemalen zu können mit politischen Botschaften und schönen Symbolen nach ihren persönlichen Vorstellungen.

Es geht um sichtbare solidarische Strukturen, die sich auch den ökonomischen Realitäten stellen. Hier ist langfristig angelegter Aktivismus Alltag. Das Projekt könnte einen neuen Raum für Gespräche öffnen und vor Ort damit anfangen, Spendendosen statt Preisbindungen zum Normalzustand zu machen. Das Gäst_innenhaus ist schon jetzt in vielen Bewegungen aktiv – und könnte Anstöße geben, mehr Brücken zu schlagen.

Als Basis dafür ein Haus kaufen? Es ist ein Versuch, Geld als Instrument der gesellschaftlichen Verständigung zu akzeptieren, aber zur Abwechslung mal das Eigentum im kleinen Maßstab zu vergesellschaften. Die Idee ist, bedürfnisorientierter mit Ressourcen wie Wohnraum umzugehen, die zunehmend knapper und teurer werden.

Grundversorgung auch ohne Geld

Von Beginn an hat sich die kleine, ziemlich kapitalismuskritische »Blase« im Gästihaus relativ viel mit Geld befasst. Natürlich hatten nicht alle Lust darauf. Einige Menschen im Haus befassen sich aber wöchentlich, manchmal täglich, mit Finanzen. Die Beziehung und auch der Zugang der Menschen im Haus zu Geld ist sehr unterschiedlich. Wenn eine Person mal kein Geld hat, kann sie hier trotzdem Essen und einen Schlafplatz bekommen. Viele zahlen hier auch Miete, und natürlich werden auch mal größere Investitionen aus der Vereinskasse getätigt. In Sachen Geld steht hoffentlich niemand alleine da. Es wird tagtäglich über dieses System geredet, in dem sogar Zugang zum sozialen Leben Geld kostet. Menschen reden beim Abendessen oder Frühstück über die gesellschaftlich normalisierte Konkurrenz-Ausrichtung, die uns alle erst in diese systemische Ungerechtigkeit hineingebracht hat. Daraus suchen nun viele Menschen und Gruppen kollektive Auswege.

Das Haus gibt ein bisschen Sicherheit für den Weg. Und das Projekt im kleinen Dannenrod fängt gerade erst an.

Link: https://gaest-innenhaus.org/

Titelbild: Das ehemalige Gasthaus Jakob in Dannenrod, mit Bearbeitungen aus dem Visionsprozess 2021 heraus. Foto inkl. Bearbeitung: Gäst_innenhaus Jakob e.V.

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