Schwerpunkt: Wie wollen wir 2048 leben?

Mit dem Projekt »Zukunft für alle – gerecht. ökologisch. machbar.« hat sich das Konzeptwerk Neue Ökonomie zum Ziel gesetzt, eine positive Vision zu entwickeln, die über die kapitalistische Wachstumsgesellschaft hinaus geht und dabei konkret vorstellbar ist. Es geht darum, eine neue Geschichte anzufangen, Bilder einer Zukunft zu gestalten, die wir noch nicht kennen.

Regine Beyß, Redaktion Kassel

Umfragen belegen es immer wieder: Vielen Menschen fällt es leichter, sich das Ende der Welt vorzustellen, als das Ende des Kapitalismus. Die Frage nach Alternativen scheint immer wieder ohne Antwort zu bleiben – auch wenn viele Projekte und soziale Bewegungen schon heute zeigen, wo es hingehen könnte. Sie machen nicht nur darauf aufmerksam, dass unser Gesellschaftssystem unsere Zukunft zerstört, sie machen auch konkrete Vorschläge und bauen Strukturen auf, die eine sozial-ökologisch gerechte Welt ermöglichen würden.

Genau diese Vordenker*innen hat das Konzeptwerk Neue Ökonomie im letzten Jahr eingeladen, eine konkretere Vision davon zu entwickeln, wie wir im Jahr 2048 leben wollen. Genutzt wurde dabei das Format der »Zukunftswerkstätten«. Diese Methode will gezielt die Fantasie anregen, um mit neuen Ideen Lösungen für gesellschaftliche Probleme zu finden. Ihre Gründer*innen, die Zukunftsforscher Robert Jungk, Rüdiger Lutz und Norbert R. Müllert, haben sie als Projekt der Selbstermächtigung in direktem Gegensatz zu staatlicher Planung entwickelt. Jede Zukunftswerkstatt durchläuft verschiedene Phasen: Von der Kritik des Status quo geht es in die Utopie-Phase. Im dritten Teil wird an der Verwirklichung bzw. der Praxis gearbeitet.

Insgesamt 13 Zukunftswerkstätten haben im letzten Jahr stattgefunden, um verschiedene Lebensbereiche für eine Welt im Jahr 2048 zu betrachten, von Arbeit und Bildung über Demokratie und Digitalisierung bis hin zu Wohnen und Landwirtschaft. In unserem Schwerpunkt stellen wir beispielhaft die Ergebnisse aus den Bereichen Migration, Care, Handel und Mobilität vor. Die Autor*innen sind größtenteils Mitarbeiter*innen des Konzeptwerks Neue Ökonomie und haben versucht, die Ergebnisse der Werkstätten – teilweise in sehr kreativer Textform – abzubilden.

Alle Visionen teilen gemeinsame Anforderungen: Menschen sollen an den Entscheidungen mitwirken können, die ihr Leben betreffen. Sie können ein selbstbestimmtes und gutes Leben führen. Für alle gelten die gleichen Rechte und gesellschaftliche Teilhabe. Und die natürlichen Lebensgrundlagen werden langfristig erhalten.

Visionieren als Privileg

Die Teilnehmer*innen der Zukunftswerkstätten sind selbst in politischen Kämpfen, Projekten und Bewegungen aktiv – und stecken mitunter viele Ressourcen in ihr Engagement. Oft bliebe da wenig Zeit zum Visionieren für eine bessere Gesellschaft. Sich einmal die Zeit und den Raum zu nehmen, darüber nachzudenken, worauf sie hinarbeiten, hätten viele deshalb als großes Privileg empfunden, schrieben Miriam Gutekunst und Matthias Schmelzer über die Zukunftswerkstatt zum Thema »Migration«. Gleichzeitig sei es aber auch eine Notwendigkeit, um größere Transformationen voranzutreiben.

Für 2020 ist zudem ein fünftägiger Kongress in Leipzig geplant, um die entstandene Vision zu diskutieren und Pläne zu schmieden, wie sie gemeinsam gelingen kann.


Link zum Projekt mit allen Artikeln und Videos: https://konzeptwerk-neue-oekonomie.org/zukunft-fuer-alle/

Titelbild: Lisa Engel / FOTO.RAUM


Weitere Artikel im Schwerpunkt

Seite 9: Care – Für die Zukunft sorgen

Seite 10: Mobilität – Von autofreien Städten und Stromstrampeln

Seite 11: Migration – Bewegungsfreiheit für alle

Seite 12: Handel – Eine solidarische Weltwirtschaft, die verbindet

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