Der Wandel ist in vollem Gange – das zeigt die Wandelwoche in Berlin-Brandenburg nun schon zum fünften Mal. Vom 17. bis 25. August finden mehr als 30 Touren und Veranstaltungen statt, offen für alle und gegen Spende. Contraste-Redakteurin Regine Beyß sprach mit Organisatorin Maria Schmidt von das kooperativ e.V. über Ziele und Schwierigkeiten des Projekts »Wandelwoche« und die diesjährigen Höhepunkte.
In diesem Jahr findet die Wandelwoche schon zum fünften Mal statt. Wow! Was hat sich deiner Meinung nach in der Region Berlin-Brandenburg in den vergangenen Jahren getan?
Im Guten, wie im Schlechten ist einiges los. Wer an Brandenburg denkt, kommt schnell auf die AfD, schwindende Infrastruktur und steigende Vereinnahmung von Rechts. Ich sehe vor allem Inseln des Wandels, die sich langsam, aber sicher zu einem Netzwerk spannender Ideen und Aktivitäten verbinden, und Menschen in sogenannten strukturschwachen Regionen, die selbst Ideen haben, die gehört und unterstützt werden sollten.
Wie ist denn die Idee für die Wandelwoche entstanden? Gibt es die Wandelwoche auch noch in anderen Regionen?
Die Wandelwoche Berlin-Brandenburg hat das erste mal als praxisnahes Begleitformat zum Kongress Solidarische Ökonomie und Transformation an der TU Berlin im Sommer 2015 stattgefunden. 2016 haben wir beschlossen das Format zu wiederholen. Seit dem organisieren wir hier jedes Jahr in zehn aufeinander folgenden Tagen fast 40 Veranstaltungen. In Hamburg und Lüneburg hat sich das Format ebenfalls etabliert, wobei die inhaltlichen Schwerpunkte von den regionalen Gruppen gesetzt werden und die Programme sehr variieren.
Was und wen wollt ihr mit der Wandelwoche Berlin-Brandenburg erreichen? Gelingt euch das?
Wir haben viel über die Zielgruppe diskutiert. Die Hoffnung ist, mit der Wandelwoche Menschen zu erreichen, die eine Idee davon haben, dass irgendwas »anders« laufen muss, aber nicht sehen, was angesichts globaler Krisen möglich und sinnvoll ist. Wir glauben nicht an die eine Lösung und wünschen uns einen offenen Dialog, an dem sich möglichst viele beteiligen können. Mir ist es dabei wichtig, auf Bestehendes zu verweisen – hier, ebenso wie in anderen Teilen der Welt – und das klare politische Statement gegen rechts, für Diversität und ein solidarisches Miteinander nicht aus den Augen zu verlieren. Die interessierte Öffentlichkeit, Aktivist*innen und natürlich die Projekte des Wandels selbst sind unsere Hauptzielgruppen. Mit fast 2.000 Besucher*innen pro Jahr würde ich sagen: Wir sind auf einem guten Weg.
Wer organisiert die Wandelwochen und wie viele Menschen beteiligen sich in diesem Jahr? Welche Projekte sind dabei?
Dieses Jahr ist unsere Kerngruppe eher eine One-Women-Show mit wechselnder Unterstützung von Menschen, die seit Jahren mithelfen, aus beteiligten Projekten und von interessierten Einzelpersonen, die die Wandelwoche schätzen. Inzwischen kommen viele Projekte auf uns zu mit Veranstaltungsideen und Beteiligungswünschen. Der Rückenwind und viel Zuspruch helfen, auch diesen Sommer dabei zu bleiben. Über die Jahre sind fast 200 Projekte beteiligt gewesen. Im fünften Jahr unterstützen in der Planung vor allem Fairbindung, Dr. Pogo und der Union Coop Shop, Haus des Wandels, LabournetTV und das Berliner Kollektivenetzwerk.
Gibt es für dich dieses Jahr einen besonderen Höhepunkt – was sollte mensch nicht verpassen?
Als Kollektivista im Veganladenkollektiv Dr. Pogo in Berlin freue ich mich besonders auf die Themen Solidarischer Direkthandel und Arbeiten im Kollektiv. Wir bekommen Besuch aus Griechenland und Frankreich von Arbeiter*innen von ScopTi und Vio.Me, die Fabriken besetzen oder bereits übernommen haben. Außerdem wird es wie letztes Jahr wieder einen temporären Direktkonsum geben, in dem Produkte aus Direkthandel erworben werden können. Die Radtour zu Kollektivbetrieben gehört jedes Jahr wieder zu den am besten besuchten Veranstaltungen. Besonders am Herzen liegt mir außerdem der Abschluss mit vielen Workshops im Haus des Wandels in Heinersdorf-Steinhöfel in Ostbrandenburg, weil hier seit einem Jahr Menschen außerhalb der »Blase« mit Interessierten und Aktivist*innen aus Berlin und Brandenburg zusammenkommen und versuchen, 3.000 qm Fläche mit solidarischem Leben und politischer Arbeit zu füllen.
Muss ich mich anmelden, wenn ich in der Wandelwoche Veranstaltungen besuchen will?
Für die meisten Veranstaltungen hilft es bei der Planung, wenn ihr euch anmeldet, außerdem können wir euch dann die wichtigsten Informationen weiterleiten und Bescheid geben, falls sich an Ort oder Zeit etwas ändert. Schaut einfach auf der Veranstaltungsseite vorbei, dort steht zu jeder Veranstaltung ein Kontakt zum Anmelden.
Wie können Menschen die Wandelwoche noch unterstützen?
Für 2020 brauchen wir auf jeden Fall Zuwachs für die Kerngruppe, sonst wird es langsam eng. Für dieses Jahr freuen wir uns über Menschen, die Flyer und Plakate verteilen und Informationen weiterleiten können, außerdem möchten wir so viele Veranstaltungen wie möglich auch mehrsprachig anbieten. Wenn ihr also Flüsterübersetzung machen könnt, schreibt uns gerne. Außerdem freuen wir uns über Spenden. Wir bekommen kein Gehalt, Kosten gibt es aber einige.