Teilen statt tauschen

Dass ein anderes Wirtschaftssystem nötig ist, darüber sind sich viele Menschen heute einig. Ein Green New Deal, ein anderes Geldsystem, Kreislaufwirtschaft, das sind einige der Konzepte, die herumschwirren. Manche geben sich aber noch radikaler. Sie meinen, die Wurzel aller aktuellen Probleme sei die Tauschlogik und die gelte es zu überwinden.

Brigitte Kratzwald, Redaktion Graz

Tauschlogikfrei – ein sperriges Wort, das sich nicht auf den ersten Blick oder auf’s erste Hören erschließt. Dabei ist die Tauschlogik so sehr in unserem Denken verankert, dass es, auch wenn man es einmal verstanden hat, gar nicht so einfach ist, sich etwas anders vorzustellen. Es gilt einfach als selbstverständlich, dass wir erst Geld brauchen, um die Dinge zu bekommen, mit denen wir unsere Grundbedürfnisse befriedigen können. Und wenn wir kein Geld haben, dann müssen wir eben arbeiten, also unsere Arbeitskraft gegen Geld eintauschen. Wie anders sollte es auch gehen?

In den Wirtschaftslehrbüchern heißt es, dass Menschen direkt ihre Produkte ausgetauscht hätten, bevor es Geld gab. Und das Geld wurde angeblich erfunden, weil das viel zu umständlich war. Mit diesem Märchen räumt Friederike Habermann im Beitrag auf Seite 10 auf. Mehr noch, sie meint, dass wir mit dieser Tauschlogik keine befreite Gesellschaft erreichen und auch die ökologische Katastrophe nicht abwenden können. Dafür führt sie nicht weniger als sieben Gründe an.

An dieser Sichtweise orientieren sich immer mehr Menschen, die nach dem Prinzip Teilen statt Tauschen leben. Zum Beispiel das Netzwerk Freier Fluss im Wendland, das seine Erfahrungen auf Seite 9 teilt. Oder Uwe von der Superfood_Schleudergang vom Karlahof, der auf Seite 11 aus der Praxis berichtet. Diese Praxis ist natürlich innerhalb eines Marktsystems nicht widerspruchsfrei und stößt auch immer wieder an ihre Grenzen. Aber, so meinen unsere Autor*innen, es lohnt sich, weil es ein wichtiger Beitrag zur notwendigen sozial-ökologischen Transformation ist. Auf Seite 12 kommt noch einmal Friederike Habermann zu Wort, mit einer Rede, die sie auf einem Zukunftskongress in Frankfurt/Main gehalten hat: eine Botschaft aus einer Zeit, in der das tauschlogikfreie Leben schon Realität ist.

Ein Begriff, der in den letzten Jahren große Bekanntheit erreicht hat und für eine Praxis jenseits der Tauschlogik steht, ist Commoning. Die gemeinsame Herstellung, Pflege und Nutzung von Commons ist per Definition jenseits des Marktes angesiedelt. Alle tragen zur Produktion und Pflege der Ressourcen bei, was sie können, und teilen die Produkte nach den jeweiligen Bedürfnissen. Kein Ding, auch nicht die Arbeitszeit, hat in einem Commons einen fixen Wert, mit dem man alle gegeneinander aufrechnen könnte.

Smilla Todt und Anne Wiedemann haben im Rahmen der Projektwerkstatt Commons an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung in Eberswalde ein Bilderbuch verfasst, das Commoning für Kinder erklärt. Wir bedanken uns sehr herzlich dafür, dass wir diese Bilder für die Illustration des Schwerpunktes verwenden dürfen.

Auf Wunsch der Autor*innen stellen wir euch den Schwerpunkt tauschlogikfrei als pdf zur Verfügung.

Die Angaben zum Buch:

Smilla Todt / Anne Wiedemann: Commons – kinderleicht? Mit Grafiken von Veronika Golyak. Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE), 2021. Das Bilderbuch ist online unter der CC-BY-SA Lizenz erschienen und unter folgendem Link verfügbar: https://cutt.ly/g1vWf1B

Wenn ihr Lust auf die ganze Geschichte habt, könnt ihr gern gedruckte Hefte (CC-BY-SA-NC) mit einer Mail an anne.wiedemann@posteo.de bestellen. Ab fünf Heften ist der Versand möglich, der Richtwert pro Heft liegt bei 2 Euro und deckt die Produktionskosten.


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