Schwerpunkt: Klimagerechtigkeit

Lange galt die Klimakrise als »grünes« Thema, die Antworten waren mehr Umweltschutz oder nachhaltiger Konsum. Zwar ging es auch um einen Systemwandel, aber im Mittelpunkt stand die Forderung nach »Degrowth«, einer Abkehr vom unendlichen Wirtschaftswachstum. Schon seit den 1980er Jahren entstand jedoch unter Graswurzelbewegungen im globalen Süden und Norden die Forderung nach Klimagerechtigkeit, die auch soziale Aspekte miteinbezieht.

Regine Beyss und Brigitte Kratzwald

Während reiche Menschen tendenziell mehr Ressourcen verbrauchen und mehr CO2-Ausstoß verursachen, leiden ärmere Menschen mehr an den Folgen, das gilt sowohl innerhalb der reichen Länder des globalen Nordens als auch zwischen Nord und Süd. Diese Ungleichheit hat sich mit der Klimakrise noch verschärft. Im Verhältnis zum globalen Süden, wo die Auswirkungen der Klimakrise bereits jetzt die Existenzgrundlagen vieler Menschen zerstören, wird schnell klar, dass das Problem wirklich an der Wurzel, nämlich dem kapitalistischen System, gepackt werden muss und genau das ist der Zugang der Klimagerechtigkeitsbewegung.

Sie betrachtet den Klimawandel nicht nur als Umweltproblem, sondern vor allem als eine komplexe Frage der sozialen Gerechtigkeit. Klimawandel ist das Produkt eines Wirtschaftssystems, das vom Wachstum als Selbstzweck besessen ist und Umweltzerstörung und soziale Ungleichheit gleichermaßen hervorbringt. Rassismus und Klassendiskriminierung sind untrennbar mit dem Klimawandel verbunden. Diese Themen können nicht ignoriert werden. Das betrifft nicht nur die Diskrepanz zwischen Verursacher*innen und jenen, die die Hauptfolgen tragen, das betrifft auch die Möglichkeiten, mit den Folgen umzugehen. So kann man auf der Webseite der Organisation »Earthlink« lesen:

»Rein topografisch sind die Niederlande dem Meer weitaus stärker ausgeliefert als Bangladesch. So liegen große Teile des deutschen Nachbarstaats unterhalb des Meeresspiegels. Im Falle einer Sturmflut könnten 60 Prozent der Niederlande überflutet werden. Dank hocheffizienter Deich- und Hochwasserschutzsysteme wird das aber nicht passieren, selbst bei Anstieg des Meeresspiegels ist das Land gut gewappnet. Anders ist die Situation in Bangladesch, das im Delta dreier großer Flüsse und zu weiten Teilen nur knapp oberhalb des Meeresspiegels liegt. Weil sich das bettelarme Land ein aufwändiges Schutzsystem nicht leisten kann, sind die Küstenbewohner*innen Sturmfluten und dem Anstieg des Meeresspiegels schutzlos ausgeliefert.«

Im Schwerpunkt finden sich Beiträge zur Klimagerechtigkeit aus dem globalen Norden und dem Süden. Auf Seite 9 werden die Zusammenhänge zwischen sozialer Ungleichheit und Klimawandel an Hand des Beispiels von Flugverkehr aufgerollt und Perspektiven einer sozial-ökologischen Transformation entwickelt, auf Seite 10 folgt ein Interview mit zwei Aktivist*innen der Gruppe »Klimagerechtigkeit Kassel«. Beiträge aus dem globalen Süden finden sich auf den Seiten 11 und 12, wo auch die Notwendigkeit der Kooperation zwischen den Graswurzelbewegungen aus Nord und Süd betont wird.

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