Kulturelle Landpartie im Wendland

Die erste Auflage der Kulturellen Landpartie, damals noch unter dem Namen »1004 wunde.r.punkte wendland«, gab es zwischen Himmelfahrt und Pfingsten 1990. Zum ersten Bruch kam es 1994, als die damalige Koordinationsgruppe erklärte, so nicht mehr weitermachen zu wollen. Das führte zum Neustart unter dem Namen »Kulturelle Landpartie« (KLP), die 2022 auf 33 erfolgreiche Jahre zurückblickte.

Brigitte Kratzwald, Redaktion Graz

Die wunde.r.punkte entstanden direkt aus den Protesten gegen das Atommüllendlager Gorleben. 1980 besetzte der Anti-Atom-Widerstand die »Bohrstelle 1004« und errichtete dort ein Hüttendorf, von dem aus die »Freie Republik Wendland« ausgerufen wurde. Daher das 1004 im Namen des Festivals. Der Name wunde.r.punkte meinte einerseits Punkte zum sich Wundern, andererseits »wunde Punkte«, wie Gorleben oder Naturzerstörung. Sie alle sollten sichtbar werden. Die Grundidee lautete: »Wir zeigen den Menschen, was wir hier tun, wenn wir nicht gegen Gorleben protestieren.« Die Schönheit der Natur, die Lebensbedingungen der Menschen, heimische Kunst und Kunsthandwerk sollten gezeigt, aber auch alternative Lebensentwürfe vorgestellt und Diskussionsräume geschaffen werden. Für die Ausstellenden sollte die Veranstaltung den Zusammenhalt stärken und berufliche Perspektiven erweitern. Ein aufwändig gestalteter »Reisebegleiter« vermittelte den Besucher*innen einen Überblick über das Angebot.

Die Bezeichnung »wunder.p.unkte« behielten die Veranstaltungsorte auch nach dem Neustart als »Kulturelle Landpartie« bei. Auch der Termin blieb gleich. In den folgenden Jahren wurde die KLP immer größer, Regeln und Strukturen mussten immer wieder angepasst werden. Arbeitsgruppen kamen und gingen, mehrfach kam es zu internen Brüchen. Helmut Koch, einer der Gründer, reflektierte diesen Prozess bereits 2005 in einer Rede (Seite 12).

1990 startete man mit 29 Orten und 54 Ausstellungen. Der Reisebegleiter hatte damals 72 Seiten. Im Jahr 2019 war mit 124 WunderPunkten, 559 Ausstellungen, 2.946 Veranstaltungen und einem 404 Seiten starken Reisebegleiter der bisherige Höhepunkt erreicht. Nachdem im Pandemiejahr 2020 die KLP abgesagt wurde, gab es eine kleine Variante im Sommer 2021. Parallel dazu waren die unterschiedlichen Vorstellungen nicht mehr unter einen Hut zu bringen. Aus der KLP heraus gründeten sich neue, kleinere Veranstaltungsreihen: »Landgang« und »Wendlandpartie« öffnen ebenfalls zwischen Himmelfahrt und Pfingsten.

Die aktuelle Struktur der KLP besteht aus dem Plenum, dem Rat und Arbeitsgruppen, wie zum Beispiel Neue Punkte, Verkehr, Handelsware oder die AG Reisebegleiter. Alle Entscheidungen werden im Plenum getroffen. Neue Veranstaltungsorte müssen entweder von einem bestehenden empfohlen werden oder sich mit einem Konzept bewerben. Es gibt keine Jury, die die Qualität der Punkte bewertet, sondern bestimmte Kriterien (Seite 12).

Einer der Wunderpunkte ist seit 2022 der KulturBahnhof Hitzacker (Seite 9). Auf Seite 10 berichtet Billie Parzonka als langjährig mitwirkende Künstlerin über ihre KLP-Erfahrungen. Ein Interview mit Camillo Ritter, der 2023 zum ersten Mal dabei war, findet sich auf Seite 11. Dort stellt auch Jan Becker sein aktuelles Projekt »Das Wendland schickt ein Schiff« vor.

Link: kulturelle-landpartie.de

Titelbild: Individuelle Töpferwaren gibt es an vielen Wunde.r.punkten der Kulturellen Landpartie, hier in Groß Heide 9. Foto: Dorothea Uhlendorf

Dieser Text baut auf Informationen der Broschüre »33 Jahre KLP« und dem von der KLP und Helmut Koch zur Verfügung gestellten Archivmaterial auf, für das wir uns herzlich bedanken. Neben Helmut Koch sind für die Gründung und das einheitliche Auftreten auch Michael Seelig (Initiator/Organisator) und Irmhild Schwarz (Grafik/Erscheinungsbild) zu nennen.


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