Ein Camp für Gemeinschaftsökonomien

Zum ersten Mal soll in diesem Jahr das »Cömp« stattfinden. Vom 21. bis 25. Juli können sich dort Menschen in der Freien Feldlage in Harzgerode über Erfahrungen austauschen, gemeinsam lernen und in die Selbstreflexion gehen. Die Orga-Crew des Cömp stellt sich und ihre Ideen für CONTRASTE vor.

Unsere Gemeinschaftsökon­omie ent­­stand als Versuch zwischen zwei Freun­dinnen und wurde um einen weiteren Freund erweitert. Mittlerweile sind wir seit circa einem Jahr zu dritt. Neben der gemeinsamen Bewältigung unseres finanziellen Alltags setzen wir uns auch theoretisch damit auseinander, was zum Beispiel unsere Sozialisation, die Abhängigkeit von Geld und der Druck des Geldverdienens mit uns macht. Wir sichern uns mit unserer selbstorganisierten Struktur doppelt ab: Einmal stehen wir den Auswirkungen des Arbeitsmarktes, dem Zwang, Geld zu verdienen und der Abhängigkeit, von Arbeit nicht mehr allein gegenüber, da wir gemeinsam die finanzielle Befriedigung unserer (Grund-)Bedürfnisse sicherstellen. Zum Anderen haben wir innerhalb der Gemeinschaftsökonomie eine Gruppe, in der wir auch in nicht-finanziellen Belangen Hilfe und Unterstützung erhalten.

Wir leben an unterschiedlichen Orten und haben dort auch Kontakt zu anderen Ökonomien. Darüber hinaus sind wir in unterschiedlichen Kontexten aktiv, arbeiten und wohnen in mehr oder weniger kollektiven Formen. Auch daran ist zu erkennen, dass wir unsere Gemeinschafts­ökonomie in größeren politischen Kontexten sehen. Wir versuchen den Gedanken des kollektiven Handels, Lebens und der Verantwortung auch in anderen Bereichen unseres Lebens umzusetzen. Für uns bedeutet die Gemeinschaftsökonomie nicht nur, uns gemeinsam Gedanken über unsere Verdienste, Ausgaben und Bedürfnisse zu machen, sondern auch gemeinsam politisch zu arbeiten. Aus dieser Haltung heraus hat sich auch die Idee des Cömps entwickelt.

Die Idee ist, sich mit Menschen aus Gemeinschaftsökonomien über Erfahrungen auszutauschen, gemeinsam zu lernen und in die Selbstreflexion zu gehen. Aber auch genügend Raum für praktische Vernetzung soll es geben. Diese sehen wir als notwendig an, um zukünftig gemeinsam zusammen zu arbeiten, aber auch um die Wirkkraft der einzelnen Ökonomien zu stärken. Damit Gemeinschaftsökonomien auch ihre emanzipatorische Wirkung gesellschaftlich stärker entfalten können, sehen wir diese Zusammenarbeit als notwendig an. Das Cömp ist auch ein versuchter Schritt in diese Richtung.

Grundpfeiler und Selbstorganisation

Wir versuchen das Cömp sich selbst so gut es geht frei gestalten zu lassen. Das bedeutet, dass wir nicht stark vorgeben möchten, wie und über was geredet wird. Welche Workshops gehalten werden und was für Musik abends läuft. Wir sehen uns eher als »rahmengebende« Orgagruppe, die versucht, die Grundbedürfnisse und Bedingungen zu planen. Natürlich haben wir gewisse Vorstellungen und auch Wünsche an das Cömp, möchten aber drauf achten, diese nicht zu stark einfließen zu lassen.

Gerade sind wir eher damit beschäftigt, Materialien zu besorgen und die Infrastruktur zu durchdenken. In unserer Planung möchten wir unsere eigenen Ideale so gut es geht umsetzen. Daher versuchen wir alle Menschen, die unsere Infrastruktur (wie Küche, Aufbau oder Awareness-Schichten) stützen oder aber auch Vorträge halten, möglichst fair zu entlohnen.

Darüber hinaus möchten wir ermöglichen, dass Menschen unabhängig von ihrem Einkommen an dem Cömp teilnehmen können. Deshalb haben wir einen so genannten »Umverteilungstopf« eingerichtet. In diesen zahlen diejenigen, die es können, mehr ein und diejenigen, die etwas benötigen, können darauf zurückgreifen. Wir hoffen, so schon eine solidarische Struktur auf unserem Cömp zu etablieren. Trotzdem kostet das gesamte Cömp eine Menge Geld und daher verbringen wir die meiste Zeit gerade damit, Anträge bei Stiftungen zu stellen, eine Crowdfunding-Kampagne zu bespielen und weitere Spenden zu generieren. Unsere Idee ist es, den Impuls für ein Camp zu geben, auf welchem Selbstorganisierung, Solidarität und Gleichberechtigung das Miteinander prägen.

Der Inhalt des Cömps

Obwohl wir Großteile der Vortrags- und Workshopzeiten offen halten möchten und versuchen, diese von Menschen füllen zu lassen, die das Cömp besuchen, sind wir auch dabei, einige Themen vorzubereiten und dafür Workshops zu organisieren. So möchten wir beispielsweise eine Auseinandersetzung mit dem Thema »Klassismus und ökonomische Diskriminierung« anregen. Daraus resultierend erhoffen wir uns eine selbstkritische Reflexion der Privilegien von Gemeinschaftsökonomien und im besten Fall eine Entwicklung von Strategien, wie man diese abbauen kann. Auch zu dem Thema »Sexualität und Kapitalismus« soll es eventuell einen Workshop geben.

Neben der inhaltlichen Bildung soll es auch ausreichend Zeit für den Austausch über das praktische Zusammenleben in Gemeinschafts­ökonomien geben. So können wir voneinander lernen und uns gegenseitig helfen – sozusagen ein Skill-Sharing untereinander. Wie organisiert ihr eure Bankangelegenheiten, wie behaltet ihr einen Überblick bei euren Ausgaben, wie strukturiert ihr euch als Gemeinschaftsökonomie? Das ist nur ein kleiner Einblick in die Vielzahl der Fragen, die wir mit gegenseitiger Hilfe zu klären versuchen.

Darüber hinaus soll es genügend Raum geben, um eine Vernetzung aufzubauen und sich zu überlegen ob, wie und in welchem Rahmen gemeinsam weitergearbeitet werden kann. Die Vernetzung sehen wir zum einen als wichtig an, um beispielsweise noch größere Strukturen zwischen den unterschiedlichen Gemeinschaftsökonomien aufzubauen, zum anderen aber auch, um in Zukunft gemeinsam (politisch) weiterzuarbeiten.

Link: https://oekocamp.blackblogs.org/

Kontakt: oekocamp@riseup.net

Crowdfunding-Kampagne: https://gofund.me/3d3974ad

Titelbild: Ein Ort für Austausch, Vernetzung und Organisierung: Für Gemeinschaftsökonomien soll es 2021 erstmals auch ein eigenes Camp geben. Hier zu sehen ist eine Aufnahme vom Klimacamp 2018. Foto: System Change not Climate Change

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