Warum nicht Planwirtschaft?

»Planwirtschaft« hat einen sehr schlechten Ruf. Wer eine Wahl verlieren will, braucht bloß ein oder zwei Begriffe verwenden, die nach Planwirtschaft riechen. Aber: Jedes Wirtschaftsunternehmen muss planen – ohne gesellschaftliches Mitspracherecht – und im Zeitalter der Globalisierung tendenziell weltweit! Also geht es bei der allgemeinen Ablehnung wohl eher darum, dass der Staat sich nicht planend in die Wirtschaft einmischen soll. Auch das ist Ideologie, denn zum Beispiel Japan und inzwischen auch China verdanken ihre außergewöhnlichen wirtschaftlichen Erfolge ihren starken staatlichen Vorgaben.

Unsere Kolumne: Blick vom Maulwurfshügel – Illustration: Eva Sempere

Abgesehen von den Vorbehalten gegenüber der Politik als Wirtschaftsmacht wird häufig argumentiert, dass die Planwirtschaft nicht genügend innovativ sei und der gesellschaftliche Fortschritt gebremst werde. Angesichts von Klimakatastrophe, Artensterben und Rohstoffknappheit ist das doch eine gute Nachricht! Endlich Schluss mit dem ewigen Modellwechsel, der nur die Wegwerfmentalität befeuert, der geplanten Obsoleszenz und aggressiven Werbung. Endlich Ruhe.

Alles geht seinen friedlichen geregelten Gang und vieles bleibt einfach so (schön) wie es ist. Dort, wo Fortschritt wirklich den Menschen dient, kann er ja geplant stattfinden, etwa in der Medizin. Dass die mRNA-Impfstoffe zum Beispiel so schnell zur Verfügung standen, wurde nur durch massive staatliche Eingriffe möglich. Alles andere verträgt Ruhe, Langsamkeit, Entspannung… endlich!

Die Idealfigur der Neuzeit ist der Unternehmer als »erfolgreicher Geschäftsmann«, der laut Max Weber rastlos immer neue Anlagemöglichkeiten sucht, um Gewinn zu machen. Dieses Motiv dominiert sämtliche anderen unternehmerischen Leistungen, die für jede Gesellschaft wichtig sind, wie sinnvolle Rationalisierungen, Innovationen zum Wohle aller, Erfindungen, die Ressourcen sparen. Wenn das Gewinnmotiv als Systemzwang wegfiele, bräuchte es auch den »erfolgreichen Geschäftsmann« und »Investor« nicht mehr. Reines Management dagegen würde es weiterhin geben, weil in jeder Gesellschaft genügend Charaktere aufwachsen und gebraucht werden, die Macher-Typen sind.

Und wer sagt, dass die zukünftige Planwirtschaft von nationalstaatlichen Behörden kommen muss? Gerade mit dem Internet und der Digitalisierung ergeben sich neue Chancen von gesamtgesellschaftlicher Planung, die kaum noch etwas mit dem Dirigismus im »real existierenden Sozialismus« zu tun haben. Ein neues Experiment ist fällig: eine friedliche, nachhaltige, menschenfreundliche Planwirtschaft, in der »die Wirtschaft« kein eigener Bereich mit eigenen Spielregeln und Privilegien ist und schon gar nicht der Bereicherung dient. Vielmehr wäre »Wirtschaften« völlig in das gesellschaftliche Leben integriert, wie in allen vormodernen Gesellschaften der Welt, und würde den Menschen dienend zu einem materiell gesicherten Leben verhelfen.

Uli Frank

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