Digitale Selbstorganisation: Videokonferenzen

Zoom hat den diesjährigen »Big Brother Award«, einen Negativpreis für mangelnden Datenschutz, in der Kategorie Kommunikation erhalten. Zoom sammelt eine Unmenge Daten seiner Nutzer*innen und ist – als US-amerikanisches Unternehmen – verpflichtet, sie an Geheimdienste weiterzuleiten. Das geschieht auch, wenn die Server in Deutschland stehen. Seit kurzem stimmt ihr auch zu, dass die Daten zum Training von künstlicher Intelligenz genutzt werden, sobald ihr die Nutzungsbedingungen akzeptiert. Trotzdem ist zoom nach wie vor das am häufigsten genutzte Programm für Online-Treffen. Aber es geht auch anders:

Jitsi für kleine Gruppen

Oft sind es ja nur kleine Gruppentreffen, mit wenigen Personen. Für fünf bis sieben Personen ist jitsi eine praktische und niederschwellige Alternative. Die URL des jeweiligen Servers anklicken, Raum anlegen, Link an die Teilnehmenden weiterleiten – fertig! Es ist kein Account notwendig und es kostet auch nichts. Das anfängliche Problem mit Firefox-Browsern ist inzwischen behoben.

Big Blue Button für größere Leistung

Für größere Gruppen oder Online-Veranstaltungen bietet Big Blue Button (BBB) eine leistungsstarke Alternative, die allerdings auch ein wenig aufwändiger ist. Wer nicht die Ressourcen und das Knowhow hat, BBB auf einem eigenen Server zu installieren, findet trotzdem Möglichkeiten, das Programm gratis zu nutzen. Die Qualität von BBB hängt stark von der Rechenleistung des Servers ab, für häufige Nutzung oder Veranstaltungen mit vielen Teilnehmenden empfiehlt sich daher, ein kostenpflichtiges Angebot eines professionellen Anbieters zu nutzen – für zoom zahlt ihr schließlich auch!

Im Unterschied zu zoom können die Nutzer*innen bei BBB selbst entscheiden, wie sie teilnehmen wollen. Bevor ihr euch in einen Konferenzraum einloggen könnt, sind daher einige Zwischenschritte notwendig: Ihr müsst entscheiden, ob ihr nur zuhören wollt oder mit Mikrofon beitreten und wenn ja, dieses freigeben. Das gleiche gilt für die Kamera. Um Problemen vorzubeugen, solltet ihr daher die Anweisungen, die durch den Prozess führen, genau lesen. Ein weiteres Problem ist, dass BBB ein höheres Datenvolumen im Down- und Upload erfordert. Ist das Internet zu schwach, hilft es oft, die Kamera abzuschalten, oder, sich im Extremfall per Telefon einzuwählen. Die Einwahlnummer ist im jeweiligen Konferenzraum ersichtlich.

Wenn ihr den Raum betretet, seht ihr erst unter den Bildern der Konferenzteilnehmer*innen ein großes weißes Feld. Hier könntet ihr eine Präsentation hochladen, die die Ankommenden begrüßt, oder zum Beispiel die Tagesordnung enthält. Mit einem Klick auf das Präsentationssymbol rechts unter dem Feld verschwindet dieses und ihr könnt die Personen wie gewohnt sehen.

Neben der Möglichkeit per Telefon teilzunehmen bietet BBB auch die Funktion geteilter Notizen, wo alle mitschreiben und mitlesen können. Im besten Fall bekommt ihr also gleich ein kollektives Protokoll des Treffens.

Links zu jitsi-Servern (kostenlos):

https://meet.ffmuc.net/
https://meet.osna.social
https://fairmeeting.net
https://meet.golem.de
https://jitsi.fem.tu-ilmenau.de/
https://calls.disroot.org
https://jitsi.riot.im

Hier gibt es BBB gratis:

https://www.senfcall.de/
https://b1-athome.de/
https://meeten.statt-drosseln.de/

Hier zwei Beispiele für kostenpflichtige Angebote, deren Preise von den eigenen Bedürfnissen abhängen:

https://bbbserver.de/
https://www.fairkom.eu/


Über diese Kolumne: Auch viele linke, selbstorganisierte Gruppen verwenden in ihrem digitalen Alltag Anwendungen der großen Internetkonzerne. Sie zahlen dafür mit ihren Daten oder werden mit Werbung zugespamt, obwohl es für fast alle Anwendungen datenfreundliche Alternativen auf Basis freier Software gibt. Einige davon stellen wir euch alle zwei Monate in dieser Kolumne vor. Die angeführten Links sind Beispiele ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Viele praktische Informationen findet ihr auch auf digitalcourage.de. Die Texte stehen unter einer CC-BY-SA Lizenz.

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