Geld und Ruhm

Na endlich! Nachdem Götz Werner, Gründer des dm-Drogeriemarktes, sich seit Jahrzehnten gesellschaftspolitisch verdient macht, indem er unermüdlich für das bedingungslose Grundeinkommen wirbt, etwa mit seinem Buch »Grundeinkommen für alle« (2007), konnte sein Konkurrent Dirk Rossmann das nicht länger auf sich sitzen lassen. Gerade hat er einen ambitioniert gemeinten Roman zum Klimawandel veröffentlicht: »Der neunte Arm des Oktopus«.

Unsere Kolumne: Blick vom Maulwurfshügel – Illustration: Eva Sempere

In einer ganzseitigen Anzeige feiert der frisch berufene Autor gerade das »überragende Medienecho« auf sein Werk: »Das ist Hammer. Super spannend. Respekt! Udo Lindenberg«

Dass Reichtum sich nach Ruhm sehnt, ist nicht neu. Geld scheint letzten Endes doch nicht so geil zu sein wie gesellschaftliche Anerkennung.

Der aktuell bekannteste Mäzen dürfte Bill Gates sein, der sein ganzes Geschäftsleben lang die Verbreitung freier Software und offener Standards behinderte, um sein eigenes proprietäres Betriebssystem durchzusetzen. Auch er ging unter die Autor*innen: »Digitales Business. Wettbewerb im Informationszeitalter« (1999). Jetzt verwaltet er mit seiner Frau Melinda die größte Stiftung der Welt. Er kündigte an, dass er bis an sein Lebensende 95 Prozent seines Vermögens an die Stiftung abgeben werde.

George Soros, der wohl berühmteste Börsen­spekulant der letzten Jahrzehnte, hatte 1992 gegen das britische Pfund spekuliert und dabei eine Milliarde US-Dollar gewonnen und wenig später Malaysia durch seine Spekulationen an den Rand des wirtschaftlichen Zusammenbruchs gebracht. 1998 veröffentlichte er sein Buch »Die Krise des globalen Kapitalismus«, in dem er zwar einerseits seine Spekulationsgewinne als legal verteidigte, aber gleichzeitig das System, das diese Spekulationen nahelegt, heftig kritisierte: »Die Skrupellosen gelangen nach oben. Das ist einer der beunruhigenden Aspekte des kapitalistischen Weltsystems.« Wie um zu beweisen, dass diese Diagnose auf ihn nicht zutrifft, betätigt er sich jetzt an vielen Stellen als Wohltäter und Systemkritiker. 2010 etwa spendete er für die Legalisierung von Marihuana 100.000 Dollar. Und er finanzierte in Großbritannien Kampagnen gegen den Brexit und in den USA gegen Trump.

Reichtum hilft oft dabei, zu Ruhm und zu gesellschaftlicher Anerkennung zu kommen. Aber es gibt auch Gegenbeispiele: Heidemarie Schwermer lebte bis zu ihrem Tod 2016 einen Großteil ihres Lebens ohne Geld, was sie in ihrem Buch »Das Sterntalerexperiment« dokumentierte, und wurde gerade deshalb berühmt und in viele Talkshows eingeladen.

Eines Tages meldete sich bei ihr ein reicher Unternehmer, der ihr alle Wünsche erfüllen wollte, wenn sie ihn nur ins Fernsehen bringen und ihm damit gesellschaftliche Aufmerksamkeit verschaffen würde. Er hatte es vorher auch schon mit einem Buch versucht, das allerdings keine Beachtung fand – vielleicht, weil der Titel zu ehrlich war. Er lautete »ICH«.

Uli Frank

Das könnte für dich auch interessant sein.