Kolumne: It‘s the economy, stupid!

Das hatte sich Bill Clinton während seines Wahlkampfes auf einen Spickzettel geschrieben, um klar zu stellen, worauf er sich während seiner Amtszeit fokussieren sollte – auf »die Wirtschaft«. Das gilt auch in Bezug auf die Klimapolitik.

Unsere Kolumne: Blick vom Maulwurfshügel. Illustration: Eva Sempere

Ein Beispiel: Im Grenzgebiet zwischen Steiermark und Kärnten gibt es ein großes Lithiumvorkommen. Lithium wird dringend gebraucht für Batterien für Elektroautos, um eine nachhaltige Verkehrswende voranzubringen. Der Haken daran: Die Schürfrechte sind bei einem australischen Bergbaukonzern und die Verarbeitung des Lithiums soll nicht vor Ort geschehen, sondern in Saudi-Arabien. Das Mineral würde also per Schiff durch den Suezkanal dorthin transportiert, was einen Transport bis zu einem Hafen einschließen würde. Nachhaltig? Oder doch nur neue Profitmöglichkeiten für Konzerne?

Auch der Klimagipfel COP28 in Dubai folgte dieser Logik. Wenn der Gastgeber ein Ölmagnat ist und Tausende Lobbyisten unter den Teilnehmenden sind, war ohnehin nicht zu erwarten, dass es beim Ausstieg aus der fossilen Energie große Fortschritte geben würde. Dementsprechend lauwarm und bei weitem nicht ausreichend ist der zustande gekommene Kompromiss. Zumindest wurde der Klimafonds auf die Beine gestellt, der die am meisten Betroffenen finanziell entschädigen soll, mit einem großzügigen Beitrag der Gastgeber. Aber zerstörte Naturräume, ausgestorbene Arten können nicht mit Geld zurückgekauft werden.

Ansonsten ging es hauptsächlich um profitträchtige Alternativen zum Ausstieg, von der Atomenergie über »grünen« Wasserstoff bis zu CCS – Carbon Capture and Storage. CO2 soll mit technischen Mitteln aus der Luft geholt und gelagert werden. Nur sind diese Technologien bei weitem nicht ausgereift und wie die Sicherheit garantiert werden soll, weiß ebenfalls noch niemand. Das einzige Modell das derzeit funktioniert, schreibt Katrin Hartmann im Freitag, sei die Nutzung des aus der Luft abgeschiedenen CO2 zur Effizienzsteigerung bei der Erdöl- und Erdgasförderung. Wenig überraschend, dass es hauptsächlich Ölkonzerne sind, die massiv in die Entwicklung dieser Technologien investieren.

Psycholog*innen fragen sich, warum wir als Menschheit angesichts der ökologischen Krisen nicht entschlossener handeln, obwohl alles Wissen dafür vorhanden ist. Sie suchen die Ursachen in menschlichen Schwächen oder unzulänglicher Kommunikation. Der Klimaforscher Stefan Rahmstorf nennt in einem Interview mit der taz die Macht der Lobbyisten als Grund. Aber die tun nur, wofür sie bezahlt werden. Der wirkliche Grund liegt daher wohl bei deren Auftraggebern, bei denen, die nicht auf ihre Profite aus einem zerstörerischen Wirtschaftssystem verzichten wollen. Solange es möglich ist, mit der Reparatur der Schäden, die dabei entstehen, wiederum Profit zu machen – und damit auch die Geschädigten zumindest vorläufig ruhig zu stellen – wird man im Kapitalismus nicht an die Ursachen der Probleme gehen – it‘s the (capitalist) economy, stupid!

Brigitte Kratzwald

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