Wald statt Asphalt

Seit dem 29. September sind Teile des Dannenröder Walds (bei Stadtallendorf in Mittelhessen) besetzt, um den Bau der A49 und die damit einhergehende Rodung von bis zu 110 Hektar Waldfläche inmitten eines Trinkwasser- und FFH-Schutzgebietes zu verhindern.

Waschbär

Dort, wo laut Plänen der DEGES (Deutsche Einheit Fernstraßenbau und -planungs GmbH) innerhalb der nächsten Jahre ein intakter, über 200 Jahre alter Mischwald einer neuen Autobahn weichen soll, befindet sich nun – seit rund einem Monat – eine besetzte Baumhaussiedlung!

Von den geplanten Rodungsarbeiten, die bis zu 110 Hektar Wald betreffen würden, sind neben dem Dannenröder Wald auch der Herrenwald und der Maulbacher Wald betroffen, die zum Teil als Trinkwasser- und FFH-Schutzgebiet ausgewiesen sind.

Ein FFH-Schutzgebiet definiert den besonderen Schutz von Tieren (Fauna), Pflanzen (Flora) und Lebensraumtypen (Habitat), nach Richtlinien der EU. Mit mehreren Trinkwasser-Entnahmestellen und einer Fernleitung bis Frankfurt ist das Gebiet außerdem eine wichtige Quelle für die Wasserversorgung in vielen Regionen Hessens.

Die großflächige Zerstörung des intakten Waldes und die zusätzliche Flächenversiegelung durch den Fahrbahnbau, würden dazu führen, dass die Trinkwasserregion nachhaltig gefährdet wird. Mikroplastik durch den Reifenabrieb auf der Fahrbahn, Abgaspartikel, Müll und Zigarettenstummel, die tonnenweise am Fahrbahnrand durchs Fenster entsorgt werden, würden zu zusätzlichen Verunreinigungen führen und könnten die Trinkwasserqualität langfristig stark beeinflussen. Da der Mangel an Trinkwasser generell eine der größten Gefahren des Klimawandels darstellt, wäre dies ein weiterer, riesiger Schritt in die falsche Richtung! Auch der Lebensraum bedrohter Tiere in der Region, wie z.B. der von Schwarzspecht, Haselmaus und Kammmolch, würde damit zerstört werden.

Ein weiteres Problem sind die mangelhaft durchgeführten Flächenausgleichsmaßnahmen, die dafür sorgen sollen, dass die Zerstörung vor Ort mit Maßnahmen an einer anderen Stelle ausgeglichen werden sollen. Dies ist an sich schon absurd, da dies – konsequent gedacht – bedeuten müsste, dass an einer anderen Stelle ein über 200 Jahre alter Wald mit gleichen Lebensbedingungen geschaffen werden müsste, was de facto unmöglich ist.

Aber selbst die bereits umgesetzten Maßnahmen (die laut geltendem Recht noch vor Baubeginn nachweislich umgesetzt und auf Wirksamkeit geprüft werden müssen), sind weit davon entfernt, die geplante und schon umgesetzte Zerstörung auch nur ansatzweise ausgleichen zu können. Größtenteils zeigen sie keinerlei Wirkung und verursachen zum Teil noch zusätzliche Zerstörung von Flächen.

Die großflächige Rodung, die eigentlich für die Saison 2019/2020 geplant war, wurde nun laut Pressemitteilung der DEGES unerwartet um ein Jahr verschoben. Dies kann als erster Teilerfolg des zunehmenden Widerstandes und der Besetzung gedeutet werden, stellt aber keinesfalls eine wirkliche Entschärfung der Situation dar. Dies könnte auch ein Versuch der DEGES sein, der Bewegung den Wind aus den Segeln zu nehmen und den Protest zu schwächen.

Die Aussetzung der großflächigen Rodung bedeutet weder, dass während dieser Saison keine Bäume gefällt werden, noch dass die Räumungsgefahr nachgelassen hätte, oder dass der Bau der Autobahn gestoppt oder ausgesetzt wird. Deshalb ändern diese Informationen erstmal rein gar nichts an den Forderungen und Plänen der Besetzer*innen. Sie hoffen weiterhin auf möglichst viel Support und sind nach wie vor fest entschlossen, solange zu bleiben, bis der Wald gerettet und der Bau der Autobahn aufgehalten ist.

Es geht um wesentlich mehr als die bloße Rettung des Waldes und den Bau der Autobahn 49.

Wir brauchen Veränderungen in allen Lebensbereichen, und das Klimaschutzpaket der Bundesregierung hat erneut gezeigt, dass wir das Problem selbst anpacken müssen, statt uns auf Autoritäten zu verlassen (siehe auch Seite 6).

Erfolgreicher Widerstand braucht neben bloßer Kritik an Missständen immer auch eine konstruktive Ader, die Forderungen gleich selbst versucht, umzusetzen und damit erleb- bzw. erfahrbar macht. Genau solch ein Experimentierfeld gelebter Utopie stellt diese Besetzung dar: Hier wurde ein neuer Lebensraum kreiert, der frei von Konsumzwängen und frei von Herrschaftsstrukturen einen selbstbestimmten Raum schafft, in dem Utopien geträumt, diskutiert und zumindest ein Stück weit auch gelebt werden können.

Dieser Text spiegelt in Teilen die subjektive Wahrnehmung des Autors wider und kann deshalb nicht als Meinung aller Besetzer*innen verstanden werden.

Interessierte und Mitstreiter*innen sind herzlich willkommen: Neben der Baumhaussiedlung ist als erster Anlaufpunkt die Mahnwache am Sportplatz Dannenrod zu nennen, die dauerhaft besetzt ist und Möglichkeiten zur Übernachtung bietet. Gleichzeitig fungiert die Mahnwache als Sammelpunkt für Spenden (eine aktuelle Liste benötigter Materialien steht online).

Link: https://waldstattasphalt.blackblogs.org/

Spendenkonto: Spenden & Aktionen
IBAN: DE29 5139 0000 0092 8818 06
Betreff: keine A49

Titelbild: Lucas (Klimagruppe Marburg)

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