Ökodiktatur?

»Wir gehen in eine Planwirtschaft über«, äußerte der Opel-Chef Hermann am 7. Juni in einem Interview mit der Westfälischen Rundschau im Zusammenhang mit der globalen Klimakrise. Während es bisher zur »freien Marktwirtschaft« angeblich keine Alternative gab – Stichwort TINA – befürchtet er offenbar, dass die Politik auf den Klimawandel nun planwirtschaftlich zu reagieren versucht. Mit diesem Begriff möchte er den Leser*innen natürlich keinen konstruktiven Vorschlag machen, sondern Schrecken mit dem Kampfbegriff des kalten Krieges verbreiten: Jahrzehntelang stand er als vernichtende Kritik an der »Kommandowirtschaft« des »real existierenden Sozialismus« für ein veraltetes, ineffektives und unvernünftiges System.

Adam Smith als Chefideologe unseres modernen Weltsystems »Kapitalismus« begeisterte sich 1778 an der Überzeugung, dass der von sämtlichen staatlichen Zwängen befreite individuelle Egoismus im Endeffekt für alle die beste gesellschaftliche Lösung in die Welt bringe. Und Marktideologen wie Hayek, Friedman usw. trauen dem Markt übermenschliche Steuerungsleistungen zu, denen gegenüber jeglicher politische Planungsversuch nur zu dilettantischen Ergebnissen oder ökonomischen Krisen führen könne.

Wie war es möglich, dass das chaotische und offensichtlich zukunftsblinde Prinzip der sogenannten freien Marktwirtschaft sich so glänzend gegenüber einer Planwirtschaft behaupten konnte? Sonst gilt ja in allen Lebensbereichen die Planung als der Inbegriff einer rationalen, zielorientierten und kommunikativen Organisationsform – selbstverständlich auch in der Logik der Betriebswirtschaftslehre. Wer einmal eine größere Produktionsanlage wie seinerzeit Opel oder Nokia in Bochum besichtigt hat, konnte sich davon überzeugen, wie unendlich komplex in einem solchen Betrieb die tief gestaffelten Planungsaufgaben und -lösungen sind, um ein funktionierendes Industrieprodukt herstellen zu können. Aber ausgerechnet auf makroökonomischer Ebene soll Planung das Ende jeder Vernunft sein?

Immerhin zeigen der Wirtschaftserfolg z.B. Japans mit dem allmächtigen staatlichen MITI-Institut und die Wirtschaftspolitik der Kommunistischen Partei Chinas, dass staatliche Planung auch nach kapitalistischen Kriterien sehr erfolgreich sein kann.

Vom Begriff der »Planwirtschaft« ist es auch nicht mehr weit zur »Ökodiktatur« . Als der DDR-Philosoph Wolfgang Harich in den siebziger Jahren dieses Konzept entwickelte, erschien es völlig abwegig und galt nicht einmal unter denen, die schon damals den Klimawandel thematisierten, als akzeptable Lösung. In letzter Zeit hört und liest man diesen Begriff tatsächlich immer öfter und manchmal sogar positiv konnotiert. Hans Joachim Schellnhuber, Chef des Potsdamer Instituts für Klimafolgenforschung, hatte bereits 2009 einen noch härteren Begriff gewählt: Klimaschutz sei vielleicht nur noch »im Rahmen einer Kriegswirtschaft zu leisten«. Könnte es sein, dass der Begriff »Planwirtschaft« als der weniger abschreckende nun eine Auferstehung erfährt, nämlich unter dem Zwang, die große Menschheitsaufgabe des Klimaschutzes zu bewältigen?

Uli Frank

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