Kein Tunnelblick aufs Klima

Wir emittieren mit unserem Lebensstil und unserer Produktionsweise zu viel CO2, darum wird es immer heißer und extreme Wetterereignisse nehmen zu, die zu Dürre und Überschwemmungen führen. Darum müssen wir dringend den CO2-Ausstoß reduzieren und das CO2 aus der Luft holen. So ist es heute (fast) allgemeiner Konsens.

Nein, sagen Wissenschaftler*innen in einem Buch von Ute Scheub und Stefan Schwarzer, die Klimaerwärmung komme nicht vom CO2, zumindest nicht nur, sondern die Ursachen seien Entwaldung und Trockenlegung von Feuchtgebieten. Wälder und Feuchtgebiete verdunsten Wasser, kühlen damit die Atmosphäre, der Wasserdampf erzeugt Wolken, die wieder Niederschläge bringen. Und renaturierte Flussläufe seien das beste Mittel gegen Überschwemmungen.

Unsere Kolumne: Blick vom Maulwurfshügel. Illustration: Eva Sempere

Renaturierung heißt das Zauberwort, das die Kimaerwärmung begrenzen und das Wetter wieder ins Gleichgewicht bringen könnte. Während die Internationale Klimakonferenz viele Jahre, und bisher vergeblich, um eine Verringerung des CO2-Ausstoßes kämpft. Die gute Nachricht: Renaturierung ist billiger und wirkt schneller als alle technischen Versuche, das CO2 zu reduzieren.

Gerade während ich das Buch lese, sehe ich: Die EU-Kommission arbeitet an einer Richtlinie für die Renaturierung großer Teile Europas, auch wenn Vertreter der Wirtschaft das mit aller Macht verhindern wollen! Vielleicht doch eine Wende in der Klimapolitik? Aber nein, es geht um den Erhalt der Biodiversität, auch dafür gibt es eine eigene internationale Konferenz. Das ist auch wichtig, und man argumentiert sogar damit, dass die Renaturierung auch Überschwemmungen und Dürren abfedern könnte. Aber als Mittel gegen die Klimaerwärmung? Fehlanzeige!

Dazu gibt es eine UNO-Institution, die sich gegen die Verwüstung großer Landstriche einsetzt. Auch dafür wäre Bäume pflanzen und Wasser zurückhalten eine erprobte Lösung, schon innerhalb weniger Jahre können schon versiegte Quellen und ausgetrocknete Flüsse wieder Wasser führen. Und der Erhalt und Ausbau von Lebensräumen für wilde Tiere und die Abkühlung der Atmosphäre würden auch die Seuchengefahr eindämmen. Aber darum kümmert sich wiederum die WHO.

Komplexe Krisen lassen sich nicht in einzelne Aspekte aufteilen und einzeln lösen. All diese Bemühungen zusammenzuführen, hätte Aussicht auf Erfolg, vorausgesetzt, es gibt eine Finanzierung dafür, denn Profite lassen sich damit nicht machen.

»Wälder«, so schreiben Scheub und Schwarzer, »fördern Regen, Verdunstung, Luftfiltrierung, Bodenaufbau, Grundwasserbildung und Klimakühlung« – ein Allheilmittel? Wohl nicht, für komplexe Probleme gibt es nie die eine Patentlösung. Dass allerdings noch immer jährlich 120.000 km² Regenwald abgeholzt und unaufhaltsam Böden versiegelt werden, ist möglicherweise ein größeres Problem als das CO2 – und das könnte auch einen interessanten Perspektivenwechsel für die Klimabewegungen bedeuten.

Brigitte Kratzwald

Literaturhinweis: Ute Scheub/Stefan Schwarzer: Aufbäumen gegen die Dürre. Infos: https://cutt.ly/Mwe8zdTI

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